Europäische Kommission kehrt der Ostseedorsch-Krise den Rücken zu

 

Oceana erklärt, der Kommissionsvorschlag folgt nur dann wissenschaftlichen Empfehlungen, wenn wirtschaftlich akzeptabel, er verbleibt jedoch stumm, wenn ökologische nachhaltige Prioritäten kurzfristig Opfer verlangen.

Heute hat die Europäische Kommission ihren jährlichen Vorschlag für die Gesamtfangmengen (TAC) in der Ostsee für 2017 veröffentlicht. Der Vorschlag sollte auf den wissenschaftlichen Gutachten durch den Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) beruhen. Für die Mehrheit der Hering- und Sprottenbestände, die bereits nachhaltig verwaltet werden, hat die EU-Kommission auch Gesamtfangmengen vorgeschlagen, die den wissenschaftlichen Gutachten entsprechen, jedoch hat sie bewusst den alarmierenden Zustand des schwindenen Dorschs ignoriert. Es besteht ein dringender Bedarf für strengere Maßnahmen, um die kritische Lage der Dorschbestände in der Ostsee umzukehren, die EU-Kommission hilft aber nicht, da sie sich weigert, Gesamtfangmengen oder eine Schließung der Fischerei vorzuschlagen.

“Die europäischen Fischereiminister haben bewusst den Zustand der Dorschbestände durch kurzsichtige Entscheidungen seit Jahren ignoriert. Es ist schockierend zu sehen, dass die Europäische Kommission, die die Hüterin der Gemeinsamen Fischereipolitik sein sollte, sich die Hände nicht dreckig macht”, betont Lasse Gustavsson, Geschäftsführender Direktor von Oceana in Europa. “Die Situation des Ostseedorsches wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Wir können nicht von der sozioökonomischen Nachhaltigkeit der Fischereiindustrie sprechen, wenn wir das Fundament – die natürliche Ressource- misswirtschaften – es gibt keine Fischerei in einem leeren Meer.”

Oceana ist bestürzt darüber, dass die EU-Kommission ihre Verpflichtung, Fanggrenzen für beide Ostsee-Dorschbestände vorzuschlagen, trotz vorhandener wissenschaftlicher ICES-Gutachten, unterlässt. Die Dorschbestände haben sich als schwierige Fälle für Entscheidungsträger herausgestellt, besonders der Westliche Ostseedorsch, dessen schlechter Zustand ICES dazu bewogen hat, kräftige Quotensenkungen (-51% im letzten Jahr und -93% in diesem Jahr) vorzuschlagen. Letztes Jahr hat die Kommission das Problem ignoriert, indem sie keine Gesamtfangmengen präsentierte, und nun erneut und trotz heftiger Kritik, überlässt die EU-Kommission den EU-Mitgliedstaaten die Verantwortung, die seit vielen Jahren die fortwährende Überfischung zugelassen haben. Oceana fordert daher eine vollständige Schließung der direkten Dorschfischerei in den Gebieten 22-24, um die Erholung des dortigen Dorschbestandes zu gewährleisten.

Die endgültige Entscheidung über die Ostsee-Gesamtfangmengen wird vom Rat für Landwirtschaft und Fischerei, dem die zuständigen Minister aus 28 EU-Ländern angehören, während deren Sitzung am 10.-11. Oktober getroffen.

Dorsch am Tiefpunkt

Dorsch spielt eine Schlüsselrolle in der Ostsee, sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich, deshalb meint Oceana, dass die Wiederherstellung des Bestandes oberste Priorität haben sollte. Oceana fordert einen fürsorglichen Verwaltungsansatz für den fragilen östlichen Dorschbestand und eine vorübergehende vollständige Schließung der Fischerei des stark überfischten westlichen Bestandes, um den Wiederaufbau und eine weitaus größere Produktivität auf lange Sicht zu ermöglichen. Hinzukommend, sind Fänge von Freizeitfischern ein bedeutendes Problem für den westlichen Dorschbestand geworden und es besteht die Notwendigkeit, diese zu regulieren. Allein die deutschen Freizeitfischerei-Fänge für diesen Bestand sind doppelt so hoch, wie die vorgeschlagene ICES-Gesamtfangmenge für 2017.

Oceanas Empfehlungen zu den Gesamtfangmengen für die Ostsee in 2017